Die Wahrheit über Seelenverwandte
Keith Sherwood
Als Seelenverwandte bezeichnet man Menschen, die ein starkes Gefühl von Affinität und / oder Kompatibilität zu einander empfinden. In den meisten Fällen ist die Affinität sowohl sexueller als auch spiritueller Natur, da diese Menschen zwei Teile derselben Seele sind – was für beide Partner eine berauschende Wirkung auf ihre Beziehung haben kann. Aufgrund dieser Definition ist es offensichtlich, dass die Idee von Seelenverwandtschaft auf zwei Annahmen beruht: einerseits dass Menschen grundlegend an einer Unvollständigkeit ihrer Seele leiden, und andrerseits, dass sie ganz werden wollen, und eine vollumfängliche Erfahrung von Vergnügen, Liebe, Intimität und Freude nur dann erleben können, wenn sie auf ihren Seelenpartner treffen.
Der Ursprung von Seelenverwandtschaft
Die Ursprünge dieser Vorstellung lassen sich auf Platons Werk „Symposion“ zurückführen. Daraus geht hervor, dass der Mensch ursprünglich vier Arme, vier Beine und einen Kopf mit zwei Gesichtern hatte. Zeus aber hatte grosse Angst vor dieser Kraft des Menschen und spaltete ihn darum in zwei Hälften, und so wurden die Menschen dazu verbannt, ihr Leben auf der Suche nach der anderen Hälfte zu verbringen, um so wieder ganz zu werden.
In der klassischen Welt wurde die Idee der Seelenverwandtschaft durch die Vorstellung von „Liebe auf den ersten Blick“ vertieft, die den Seelenverwandten widerfährt, wenn sie sich zum ersten Mal begegnen. Dieses Phänomen umfasst die Projektionen von „Liebespfeilen“. Wenn diese Pfeile die Augen des Geliebten trafen, durchbohrten sie auch dessen Herz und der Geliebte wurde von Sehnsucht und göttlichem Wahnsinn, „theia mania“, überwältigt. Die klassische Vorstellung von den Pfeilen der Liebe wurde kunstvoll ausgeführt von den Troubadours Südfrankreichs im 11. und 12. Jahrhundert und wurde so teil der europäisch - höfischen Liebestradition. Die Troubadours meinten, die Augen einer Frau seien die Quelle der Liebespfeile, die sie über gleissende Lichtstrahlen von ihren Augen zu den Augen des Geliebten leitete.
Später wurde die Vorstellung der Seelenverwandtschaft durch die Theosophie abgewandelt, die besagte, dass Gott androgyne Seelen erschaffen hatte – gleichermassen männlich wie weiblich - die später in zwei unterschiedliche Geschlechter getrennt wurden. Jede Hälfte sucht die andere, so die Theosophie, und erst, wenn ihre karmischen Muster aufgelöst worden sind, werden sie wiedervereint und können ganz werden.
Was spricht gegen die Seelenverwandtschaft
Die Vorstellung einer Seelenverwandtschaft findet kaum grosse Unterstützung, weder in den Prinzipien der Metaphysik, noch in den Funktionen des menschlichen Energiesystems. Im Gegensatz zu Platons Auffassung sind Menschen keine getrennten Wesen, die alleine in einem unendlichen und lieblosen Universum leben. Sondern interdimensionale Wesen, die schon immer in der Einheit mit universellem Bewusstsein waren. Das bedeutet, dass der Mensch alles Nötige für diese Einheit bereits in sich trägt. Um die Vorzüge dieser Ganzheit und dieser Einheit mit dem universellen Bewusstsein zu erfahren, muss er nur das, was im Inneren ruht, in seine bewusste Wahrnehmung bringen und dann frei mit anderen teilen. Selbstverständlich erklärt dies aber weder die Liebe auf den ersten Blick, noch weshalb eine Person eine tiefe, natürliche Affinität für eine andere empfinden kann.
Glücklicherweise finden wir die Antworten in den Lehren des Tantra und in der westlichen metaphysischen Tradition, die auf den Prinzipien der Hermetik basieren. Sowohl Tantra als auch die westliche metaphysische Tradition lehren, dass Menschen Liebe auf den ersten Blick oder eine tiefe Verbundenheit mit oder Affinität zu einem anderen Menschen erfahren können; nicht weil sie einst „ein Wesen“ waren, von Zeus voneinander getrennt, sondern wegen des Einflusses der Geschlechter, gegenseitiger Anziehung sowie karmisch bedingter Anhaftungen.
Geschlecht
Das Prinzip der Geschlechter besagt, „Geschlecht ist in allem vorhanden; alles besitzt männliche wie weibliche Prinzipien; Geschlecht manifestiert sich auf allen Ebenen“. Das Prinzip der Geschlechter ist das, was sowohl eine erotische Anziehung zwischen Mann und Frau, als auch die Sehnsucht nach Vereinigung hervorruft. Im Osten werden die Geschlechter symbolisch mit Yin und Yang bezeichnet.
Das Symbol für Yin und Yang
Dieses Symbol verkörpert die Polarität zwischen der männlichen Energie (Yang) und der weiblichen Energie (Yin), die allem innewohnt. Yin verkörpert das Weibliche, Körper, Seele, Kälte, Dunkelheit, Zusammenziehung. Yang verkörpert das Männliche, Mentales, Geist, Hitze, Sonnenlicht, Ausdehnung.
Tantra und die westlichen Traditionen erkennen an, dass durch die Vereinigung von unterschiedlichen Komponenten wie Yin und Yang, zwei Individuen alle Grenzen des Getrenntseins aufheben können. Dann können sie sich über das Getrenntsein hinaus bewegen und so ein starkes Gefühl der Einheit mit einander und mit Universellem Bewusstsein erfahren.
Gegenseitige Anziehung
Die gegenseitige Anziehung ruft eine starke energetische Resonanz in den Energiefeldern der Personen hervor, die sie zueinander hinzieht. Die Resonanz (die durchschnittliche Frequenz eines persönlichen Energiefeldes) wird durch den energetischen Zustand einer Person bestimmt, z.B. durch die Qualität und die Quantität der Energie im Energiefeld. Menschen, die komplementäre Resonanzen haben, ziehen sich gegenseitig an.
Die Resonanz und ihr Einfluss auf einen Menschen und auf dessen Beziehungen widerspiegeln sich auch in den Planeten in ihrem Geburtshoroskop. Venus ist der Planet der Zuneigung, der Anziehung und der romantischen Liebe. Mars ist der Planet der Sexualität und der Leidenschaft. Sie verkörpern gegenüberstehende Energien im Tierkreis. Venus ist das weibliche Prinzip und Mars das männliche. Wenn der Mars eines Mannes in derselben Position wie der Venus einer Frau steht, kann dies eine überwältigende, grundlegende Anziehung hervorrufen
Karmische Anziehung
Die Wirkungen von Geschlecht und gegenseitiger Anziehung können für Menschen in einer Beziehung überwältigend sein. Hinzu kommt noch ein letztes Element, karmische Anziehung, und dann hat man eine tiefe, ursprüngliche Anziehung und Affinität, die die Gefühle der Seelenverwandtschaft widerspiegeln.
Karmische Anziehung entsteht durch Anhaftungen über mehrere Leben hinweg. Um zu begreifen, wie karmische Anziehung zwei Menschen zueinander fesseln kann, ist es wichtig zu verstehen, wie das karmische Prinzip funktioniert und wie karmische Anhaftungen entstehen und Menschen beeinflussen. Karma lässt sich wie folgt definieren: „Die kumulative Wirkung von Handlungen“. Karma ist das was die Wirkungen von Handlungen auf allen sich durchdringenden Welten und Dimensionen mit ihren Ursachen verbindet. Dann bindet es sich an das Objekt, Energiefeld oder Lebewesen, zu dem es sich hingezogen fühlt.
Karmische Anhaftung – der Klebstoff, der die Menschen aneinander bindet – entsteht, wenn eine Person sich in einem Energiefeld mit individuellen Eigenschaften zentriert und dann diese Energie auf eine andere Person projiziert. Du kennst schon diese Art Energie. Es ist dieselbe dichte Energie, die Druck und Muskelschmerzen hervorruft, wenn du gestresst bist, die Ängste, Selbstzweifel und Verwirrung hervorruft, wenn sie bewusst oder unbewusst aktiviert wird. Es ist also diejenige Energie, die die intensiven Gefühle, verbunden mit romantischer Liebe, entstehen lässt.
Obwohl die meisten Menschen sich dessen nicht bewusst sind, kommt jeder Gedanke, jede Meinung, jede Emotion, jedes Gefühl und jede Sinneswahrnehmung, die man auf einen anderen Menschen projiziert, von einem Feld von Energie mit individuellen Eigenschaften und sie kann einen an diese andere Person binden.
Die Wahrheit über die Liebespfeile
Das Projizieren von „Liebespfeilen“ lässt sich leicht mit der Projektion von Energie mit individuellen Qualitäten von einer Person zu einer anderen erklären. Die meisten Menschen projizieren Energie überwiegend über die Augen und die kleineren Energiezentren in ihren Händen und Füssen. Wenn eine starke Anziehungskraft aufgrund von Geschlecht, Resonanz und Anhaftungen aus früheren Leben hervorgerufen wird, ist es daher sehr einfach für jemanden, intensive Wellen von Energie über die Augen auf den Geliebten zu projizieren. Ist diese Energie erst in das Energiefeld des Geliebten eingedrungen, kann sie direkt ans Herz gelangen, - vor allem wenn es keinen Widerstand gibt und wenn die Energie stark genug ist.
Aufgrund von unserem bisherigen Wissen ist es einleuchtend, dass man eine überaus genaue Erklärung für das Phänomen Seelenverwandtschaft hat, wenn man die erotische Verbindung des Geschlechts mit gegenseitiger Anziehung und Anhaftungen aus früheren Leben paart. Es hat also wenig mit einem eifersüchtigen Gott zu tun, der die Menschen trennte.
Gefahren und Chancen
Die tiefe Verbundenheit und Zuneigung, die man einer Seelenverwandtschaft zuschreibt, ist also viel mehr ein Produkt von Geschlecht, Resonanz und karmischen Anhaftungen. Und sie bedeutet sowohl Gefahren, wie auch Chancen für die Partner.
Gefahren: geschlechtsbedingte Anhaftungen, Resonanz und karmische Anziehung können die Fähigkeit eines Menschen, Prana frei auszustrahlen, schnell und stark beeinträchtigen. Da Prana die lebendige Urkraft ist, die Vergnügen, Liebe und Intimität vitalisiert, wird alles, was daran hindert, frei durch das menschliche Energiesystem zu fliessen, zu Kontraktion und Restriktion führen. Dies hat zur Folge, dass das Bewusstsein, die Empathie und der Seelenfrieden empfindlich gestört werden. Mit der Zeit können Anhaftungen sogar dazu führen, dass man sich von dem eigenen Körper und den eigenen Gefühlen entfremdet. Schlimmstenfalls können Anhaftungen so stark werden, dass sexuelle Dysfunktion und – oder unkontrollierbare Eifersucht und Besessenheit, ja sogar Fanatismus - entstehen können.
Chancen: Wenn man einen Partner hat, mit dem man eine natürliche Verbundenheit teilt, der einem ausserdem noch Liebe entgegenbringt, dann ist das eine einmalige Chance. Solch ein Partner kann als Spiegel dienen und die eigenen Anhaftungen und Muster können positiv reflektiert werden und es wird einem erlaubt, sich emotional damit auseinanderzusetzen. Darüber hinaus kann Vertrauen, das sich über längere Zeit zwischen Partnern mit einer tiefen, natürlichen Verbundenheit entwickelt hat, es dem Paar ermöglichen, den Wechsel von einer traditionellen Beziehung, geprägt durch Einschränkungen, zu einer transzendenten Beziehung zu vollziehen, - eine Beziehung, die keinen Einschränkungen unterliegt und es den Partnern möglich macht, Vergnügen, Liebe, Intimität und Freude frei zu teilen.
Der Partner, den man liebt und dem man vertraut, ist derjenige, der den Wechsel zu einer transzendenten Beziehung gelingen lässt und nicht der Seelenverwandte. In Wahrheit hat man mehrere potentielle Partner. Und wenn man sich für einen Partner entscheidet, der einem erlaubt, Prana frei auszustrahlen, und der als Spiegel für einen da ist, kann man die Beziehung dazu verwenden, Einschränkungen zu überwinden und den Wechsel zu einer transzendenten Beziehung zu vollziehen, wo Vergnügen, Liebe, Intimität und Freude zu alltäglichen Erfahrungen werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen